Dienstag, März 24, 2015

Gedanken zur Ehe: ein guter Wein?

[Von Bastian]
„Ein guter Wein ist: wenn du zu viel davon trinkst, darfst du nicht mehr Auto fahren.“
Die Weinindustrie wäre entsetzt, würde Wein in der Öffentlichkeit auf diese Weise präsentiert. Mit Recht.
Doch was könnte sie tun, wenn sich dieses Thema verselbständigt? Abstreiten kann sie es nicht – es stimmt. Das schlimmste, was ihr passieren könnte, wäre eine Diskussion um eine Aufweichung der Promillegrenze, in der sie als verantwortungsvoller Weinproduzent selbst nur noch über die Nachteile reden müsste.
Die Weinindustrie würde mit Sicherheit eine große Werbekampagne starten, die zeigt, was ein guter Wein ist, nicht, was er nicht ist. Was er bringt, wenn man ihn genießt, nicht, was er verhindert. Hätte die Weinindustrie in ihren Reihen eine Werbeagentur, die sich mit Freude auf die von der Presse aufgezwungene Diskussion stürzt, sie anheizt und die Promillegrenze als wichtige Eigenschaft des Weins herausstellt, würde diese Agentur irgendwann kaltgestellt, so recht sie auch hat.

Nun gibt es in der Kirche guten alten Wein und guten neuen Wein und dazu die passenden Schläuche. Die Ehe ist ein besonders guter, den es in jedem Jahrgang gibt. Ein Dauerbrenner, ein Spitzenprodukt, eines ihrer großen Aushängeschilder. Doch wie wird er beworben? „Ehe ist: wenn du sie brichst, darfst du nicht mehr zur Kommunion gehen.“ Das stimmt. Und es hat sich verselbständigt. Verglichen mit dem Beispiel oben sind wir längst bei der Aufweichung der Promillegrenze angekommen. Was fehlt, ist die Werbekampagne auf deutschem Boden.

Nun haben wir einen Papst, der immerzu genau dazu aufruft: genießt den Wein des Glaubens und erzählt anderen davon. Werbt! Missioniert! Und ich ertappe mich dabei, Mitarbeiter der Werbeagentur zu sein, die sich in unheilvolle Diskussionen verwickeln lässt; unheilvoll, weil sie zwar Recht hat, aber zugleich das Thema so sehr verkürzt, dass es zum Rückzugsgefecht für die christliche Ehe wird. Anstatt ihn zu bewerben, stellt sie den guten Wein der Ehe als ein Nischenprodukt für Kenner dar, das von der Mehrheit, angeblich größtenteils fuselsaufende Banausen ohne Bewusstsein für die Promillegrenze, gar nicht mehr geschätzt werden kann.

Die Wahrheit ist mehr als ein wichtiger Teilaspekt und man kann sich darin verheddern. Man kann die Wahrheit sagen und sie zugleich verschleiern. Jörg Splett schreibt als Beispiel: Der Satz „der Mensch ist eine instabile Fett-Eiweiß-Verbindung“ verstelle den Blick auf den Menschen, obwohl er prinzipiell wahr sei. Pars pro toto, der Teil für das Ganze, funktioniert einfach nicht immer. Die Ehe ist mit dem Aspekt des Kommunionempfangs schlicht falsch beschrieben. Falsch, weil es sinnlos ist, das Fehlen von etwas zu sanktionieren, was niemand kennt. So sinnlos wie der Versuch, Mittellose dadurch zu versorgen, dass man sie vor Schulden warnt.

Ich muss zuerst wissen, was die Ehe ist, bevor ich begreifen kann, was das für Folgen hat. Ich muss wissen, dass sie ein Wein höchster Qualität ist, ein Spitzenprodukt und eine einmalige Gelegenheit für das eigene Leben. Ich muss sie schmecken und erleben, bei mir und bei anderen. Ich brauche Menschen, die begeistert verheiratet sind, die davon erzählen und ihre Erfahrungen mit mir teilen. Die Ehe muss beworben werden.
Ich denke, die Agentur muss umdenken. Ich muss umdenken.

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